Germania Judaica stellt jüdische Bibliotheken rund um die Welt vor
Die Germania Judaica – Kölner Bibliothek zur Geschichte des deutschen Judentums, die seit ihrer Gründung 1959 eng mit der Stadt Köln verbunden ist, beteiligt sich mit dem Blog "Von Büchern und ihren Orten" am "Festjahr 2021 – Jüdisches Leben in Deutschland".
Im Zwei-Wochen-Rhythmus stellt der Blog jüdische Bibliotheken weltweit vor. Der Bogen spannt sich dabei von öffentlichen Stadt- und jüdischen Gemeindebibliotheken über weltberühmte historische Büchersammlungen bis hin zu international renommierten akademischen Einrichtungen. Der zweisprachige Blog – Deutsch und Englisch – richtet sich an Bibliophile, an Menschen, die sich für jüdische Kultur interessieren und an alle Neugierigen, die unbekannte Kultur-Orte kennenlernen möchten.
Die Juden gelten als das Volk des Buches. Fast überall dort, wo es jüdisches Leben gibt, gibt es auch jüdische Bibliotheken. Die Wurzeln hierfür liegen im religiösen Studium, für das Bücher, wie etwa die hebräische Bibel und rabbinische Kommentare, unverzichtbar sind. Schon für das Mittelalter lassen sich bedeutende Manuskriptsammlungen jüdischer Gelehrter und Gemeinden nachweisen. Jedes jüdische Lehrhaus ist daher gleichzeitig auch Bibliothek. Die Liebe zu Büchern hat sich in der jüdischen Gesellschaft auch auf die säkulare Bildung übertragen. Auch unter den bedrohlichsten Bedingungen bauten Jüdinnen und Juden Sammlungen und Bibliotheken auf, selbst in der Zeit der Schoa.
Jüdische Bibliotheken sind Wissensspeicher, Lehrhäuser, Räume der Begegnung und Gedenkorte. Als Spiegel jüdischen Lebens überliefern sie einzigartiges Wissen über jüdische Geschichte und Gegenwart,
erläutert Ursula Reuter, unter deren Federführung der Blog entstanden ist. Als Geschäftsführerin der Germania Judaica leitet sie die weltweit renommierte Spezialbibliothek zur Geschichte des Deutschen Judentums. Die Bibliothek wurde in Köln gegründet, ist heute in der Stadtbibliothek Köln beheimatet und auch organisatorisch eng mit ihr verknüpft. Der Blog, den die Germania Judaica gemeinsam mit ihrem Kooperationspartner, dem Salomon Ludwig-Steinheim-Institut initiiert hat, ist ein Projekt im Rahmen des "#JLID Festjahr 2021 - Jüdisches Leben in Deutschland".
Finanziell ermöglicht hat es das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. In kompakten Texten stellen sich die Einrichtungen selbst vor, zahlreiche Bilder zeigen die verborgenen Schätze, die es dort zu entdecken gilt. Zur Idee zum Blog erklärt Ursula Reuter:
Jüdische Bibliotheken sind als kleine, von der breiten Öffentlichkeit nicht wahrgenommene Einrichtungen häufig in ihrer Existenz bedroht. Sie brauchen gerade heute Aufmerksamkeit, Vernetzung und vor allem auch virtuelle Sichtbarkeit.
Zur Bibliothek Germania Judaica (GJ)
1959 gründeten engagierte Kölner Bürger die Germania Judaica. Sie wollten der interessierten Öffentlichkeit Geschichte und Kultur der deutschen Juden näherbringen und damit die "Unkenntnis, die heute noch die alten Vorurteile nährt" (so der Mitgründer Heinrich Böll) bekämpfen. Aus dieser Initiative ist eine der größten Spezialbibliotheken zum deutschsprachigen Judentum weltweit entstanden. Sie kooperiert mit vielen ähnlichen Bibliotheken und Sammlungen in Deutschland, Europa, Israel, den USA und weiteren Ländern. Die "GJ" ist eng mit der Kölner Stadtbibliothek verbunden und hat ihren Sitz seit 1979 in der Zentralbibliothek am Neumarkt.
Dieses Angebot ist eingebunden in das bundesweite Festjahr #2021JLID, das der Verein "321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e.V." mit seiner Geschäftsstelle in Köln organisiert und koordiniert.
Hintergrund ist, dass der römische Kaiser Konstantin am 11. Dezember 321 ein Edikt erließ. Dieses Gesetz besagte, dass Juden städtische Ämter in den Kurien, den römischen Stadträten, bekleiden durften und sollten. Das Edikt Konstantins, das in einer Abschrift in der Bibliothek des Vatikans aufbewahrt wird, ist somit das früheste schriftliche Zeugnis über jüdisches Leben in Mittel- und Nordeuropa. Es belegt, dass jüdische Gemeinden bereits seit der Spätantike wichtiger integrativer Bestandteil der europäischen Kultur sind. Im Jahr 2021 leben Jüdinnen und Juden also nachweislich seit mindestens 1700 Jahren auf dem Territorium des heutigen Deutschlands.
Im Festjahr #2021JLID koordiniert der Verein 321 mit großer Unterstützung des Bundes, verschiedener Bundesländer und Kommunen sowie aus der Zivilgesellschaft bundesweit rund 1000 Aktionen und Kulturevents, die dazu beitragen sollen, kulturelle, politische und interreligiöse Debatten innerhalb der Gesellschaft anzustoßen und deutliche Zeichen gegen den wachsenden Antisemitismus zu setzen.
Das Festjahr startete bundesweit mit der TV-Ausstrahlung des Festakts, an dem unter anderem der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als Schirmherr des Festjahres teilnahmen. Weitere Projekte des Vereins 321 sind das für den Sommer geplante Kulturfestival "Mentsh!" und das weltgrößte Laubhüttenfest "Sukkot XXL" im Herbst. Seit Jahresbeginn sind der wöchentliche Podcast #2021JLID zum Thema "Jüdisches Leben heute in Deutschland" von Shelly Kupferberg, Mirna Funk und Miron Tenenberg, die Online-Ausstellung "Jewersity" von Jan Feldman sowie eine Video-Reihe in Kooperation mit dem "Bubales"-Puppentheater aus Berlin über jüdische Feiertage im Festjahr online zu finden.
Info:
Der Verein "321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" wurde 2018 gegründet und geht auf die Initiative der Gründungsmitglieder Abraham Lehrer, Prof. Dr. Jürgen Rüttgers und Dr. Matthias Schreiber zurück. Weitere Gründungsmitglieder sind u.a. die Zentralratspräsident der Juden (Dr. Josef Schuster) bzw. der Katholiken in Deutschland (Prof. Dr. Thomas Sternberg), die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker, der stellvertretende LVR-Vorsitzende Prof. Dr. Jürgen Wilhelm sowie der Journalist und ehemalige Kirchentags-Präsident Hans Leyendecker. Generalsekretärin des Vereins ist Sylvia Löhrmann, Staatsministerin a. D. des Landes NRW. Leitender Geschäftsführer ist Andrei Kovacs.