Bauherrin macht von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch

Um die Verwirklichung des so prominenten wie wichtigen Museumsprojekts "MiQua. LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln" sicherzustellen, ist die Stadt Köln zu neuerlichem Eingreifen gezwungen. Stetige Unzuverlässigkeit, wiederholte Terminüberschreitungen und maßlos überzogene Nachforderungen lassen der Stadt keine andere Möglichkeit, als sich kurzfristig von dem Stahlbauunternehmen zu trennen.  

Trotz eines im März 2020 gefundenen Kompromisses, bei dem die Stadt im Interesse einer baldigen Fertigstellung erhebliches Entgegenkommen gezeigt hatte, wurden immer neue finanzielle und terminliche Zugeständnisse eingefordert. Dieses unlautere Verhalten gipfelte in der Drohung, zur Montage bereitstehende Bauteile zurückzuhalten und für die weitere Fertigung notwendiges Material nicht zu bestellen, wenn die Stadt diesen offensichtlich unbegründeten Forderungen nicht nachkomme. Über Monate wurde die Baustelle unzureichend, zuletzt gar nicht mehr mit Personal besetzt. Alle nach umfangreichen Verhandlungen seitens der Stadt unterbreiteten Einigungsversuche sind an den maßlosen Forderungen des Stahlbauunternehmens gescheitert. Sein nachhaltig grob vertragswidriges Verhalten machte der Stadt Köln ein Festhalten am Vertrag unzumutbar, sodass die jetzt ausgesprochene außerordentliche Kündigung des Vertrags alternativlos war.

Denn eine Fertigstellung des Gewerks Stahlbau mit diesem Unternehmen war zu vertretbaren Kosten und in angemessenem zeitlichen Rahmen nicht mehr zu erwarten.  

Mit diesem Schritt wird finanzieller Schaden von der Stadt Köln und allen Steuerzahler*innen abgewendet. Die Stadtverwaltung bekennt sich im Sinne eines sorgfältigen Umgangs mit öffentlichen Mitteln zu ihrer Verantwortung zu wirtschaftlichem Handeln und nimmt dabei natürlich auch die besondere Bedeutung dieses so wichtigen, national und international beachteten Projekts in den Blick. Selbstverständlich wird die Stadt Köln das Stahlbauunternehmen wegen aller aus seinem vertragswidrigen Verhalten resultierender Schäden in Regress nehmen.  

Die Kündigung des bisherigen Stahlbauunternehmens hat nun ein alternatives Vorgehen zur Folge, das sich naturgemäß in neuen Terminen und Kosten niederschlagen wird. Auch wenn mögliche Lösungsszenarien vor Ausspruch der Kündigung erwogen wurden, können zum jetzigen Zeitpunkt zu den Einzelheiten noch keine verbindlichen Angaben gemacht werden.  

Die Fertigstellung des Stahlbaus war ursprünglich zum 31. März 2021 geplant. Die nun erst deutlich später mögliche Fertigstellung des Stahlbaus wird sich zeitlich auch auf die nachfolgenden Gewerke (Fassade, Dach, Technische Gebäudeausrüstung, Ausbau und Ausstellung) und deren Vertragsfristen auswirken. Hiervon sind 18 bereits beauftragte Firmen betroffen sowie mindestens weitere 16 Gewerke, die noch ausgeschrieben werden müssen. Die weiteren Ausschreibungen und Vergaben werden aber nun erst einmal solange zurückgestellt, bis wieder Terminsicherheit besteht.  

Der Fertigstellungstermin musste schon in der Vergangenheit zweimal verschoben werden. Ursächlich waren zunächst Kampfmittelfunde im Baugrund, zwischenzeitlich erhöhte Anforderungen an die Sicherheit im Eingangsbereich des Museums mit der Folge notwendiger Umplanungen sowie zuletzt Terminverzögerungen bei den Rohbauarbeiten. Auch neue und wertvolle archäologische Befunde in unerwarteter Lage im Ausstellungsbereich haben mehrfach den Baufortschritt gehemmt. Alle Beteiligten sind sich jedoch darin einig, dass diese Befunde die spätere Ausstellung bereichern werden.  

Beim Gewerk Stahlbau handelt es sich um eines der Schlüsselgewerke, ohne das auch für alle weiteren Gewerke kein Baufortschritt mehr möglich ist. Im Gewerk Rohbau hatte es zuvor einen ähnlichen Konflikt gegeben, der einvernehmlich und mit neuen verbindlichen Vertragsterminen zufriedenstellend gelöst werden konnte. Infolge des aber bereits eingetretenen Terminverzugs mussten damals bereits die Verträge bei fünf Gewerken aufgelöst und der Vertrag in einem Gewerk wegen Insolvenz gekündigt werden. Eine schon laufende Neuausschreibung eines weiteren Gewerks war aufzuheben.

Die deshalb nötige Neuausschreibung von insgesamt sieben Gewerken hatte bereits einen Domino-Effekt auf die aufeinander aufbauenden nachfolgenden Gewerke. Kosten- und Terminplan müssen mit der nun erfolgten Kündigung neu aufgestellt werden. Die aktuelle Prognose der Gesamtkosten beträgt 127 Millionen Euro. Erfolgreich waren 2021 die Stahlbetonarbeiten abgeschlossen worden, auf dem das Stahltragwerk erwächst. Die Konstruktion des "MiQua" wird als Stahl-Stahlbeton-Verbund-Tragwerk gebaut, das in vier Bauabschnitten realisiert wird.

Es besteht aus Rautentragwerken im Erdgeschoss, zusammengesetzten Fachwerkträgern im ersten und zweiten Obergeschoss, Stahlbeton-Fertigteildecken im ersten und zweiten Obergeschoss sowie der Dachkonstruktion aus mehreren Stahlpyramiden. Die gesamte Stahlkonstruktion wird später mit transparenten Glaspaneelen, Natursteinplatten und sogenannten Spolien (Bruchsteine aus der archäologischen Grabung) verschlossen.  

Die nun gekündigte Firma verantwortete die Produktion, Beschichtung, Anlieferung und Montage der Stahlbauelemente des Gebäudes in vier Bauabschnitten. Der erste und zweite Bauabschnitt sind zu etwa 90 Prozent montiert. Die ersten Stahlbauteile des dritten  Bauabschnitts wurden noch montiert. Ein Großteil des Stahlbaus für den dritten und Teile des vierten Bauabschnitt liegen nach Kenntnis der Stadt Köln bereits gefertigt, beschichtet und bereit zur Montage auf einem Lager. Wesentliche Teile des vierten Bauabschnitts sind trotz der fortgeschrittenen Zeit noch nicht beschichtet und zum Teil noch nicht gefertigt.  

Derzeit laufen – unterirdisch – die Sandabsaugung und die Durchbruch- sowie Unterfangungsarbeiten an den archäologischen Wänden weiter. Auch die Fertigstellung des Museumspädagogischen Zentrums (MPZ) im Spanischen Bau ist von der Kündigung nicht betroffen. Im Bereich des ehemaligen Praetoriums sind bereits die Betonage der neuen Parcoursstege, die Estricharbeiten sowie die Montage der neuen Metallgeländer des künftigen unterirdischen Museumsrundgangs erfolgreich fertiggestellt, der das Praetorium mit der Archäologischen Zone zu einem einzigartigen Rundgang verbinden wird.  

Das Museum des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) "MiQua. LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln" entsteht auf und unter dem Kölner Rathausplatz. Es präsentiert mit dem römischen Praetorium, dem mittelalterlichen jüdischen Viertel und dem Goldschmiedeviertel einige der bedeutendsten archäologischen Architekturfunde zur Geschichte der Stadt Köln und des Rheinlandes.  

Der spätere Museumsbetreiber, der Landschaftsverband Rheinland, sowie die politischen Gremien und Lenkungskreise sind bereits im November 2021 davon in Kenntnis gesetzt worden, dass aufgrund der "weiterhin sehr komplizierten Verhandlungen" hohe Risiken für die weitere Planbarkeit des Bauablaufs der nachlaufenden Gewerke entstehen und sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Verzögerungen im weiteren Bauablauf einstellen werden.  

Nach der baulichen Fertigstellung und Übergabe des MiQua an den LVR ist ein Zeitraum von etwa sechs Monaten vorgesehen, in dem Klima-Einregulierung und -Monitoring sowie Probeläufe für den späteren Betrieb vorgesehen sind. Die notwendige Klimastabilität benötigt als Testphase einen Winter- und einen Sommerzyklus.  

Das Museum setzt sich aus einer unterirdischen archäologischen Fundebene und dem oberirdischen Neubau zusammen. In der rund 6.000 Quadratmeter großen Ebene unter dem Niveau des Platzes wird ein archäologischer Rundgang als Dauerausstellung eingerichtet.

Diese wird in der Ausstellungsfläche im ersten Obergeschoss fortgesetzt mit dem Ausstellungsteil zur Jüdischen Geschichte und Kultur Kölns seit 1424, dem Jahr der Vertreibung der Juden aus Köln, bis in die Moderne. Mit der Übergabe übernimmt der LVR die Trägerschaft. Die Stadt Köln unterhält das Gebäude und das Bodendenkmal.

Stadt Köln - Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit