Lage und Geschichte

Das Naturschutzgebiet "Kiesgrube Wahn" liegt am nördlichen Siedlungsrand von Porz-Wahn. Westlich grenzt es an einen Golfplatz, südlich an das Maximilian-Kolbe-Gymnasium. Auf der östlichen und nördlichen Seite ist das Naturschutzgebiet von Gehölzflächen umgeben.

Das Naturschutzgebiet ist Teil des Biotopverbundes Nordrhein-Westfalen, der sich über den Grünzug Zündorf-Wahn bis zum Rhein und zur Kiesgrube Paulsmaar erstreckt.

Die ehemalige Kiesgrube wurde bis zum Jahre 1987 ausgekiest. Es handelt sich größtenteils um eine Trockenabgrabung. Nur in einigen Bereichen wurde bis unter die Mittelwasserlinie abgebaut. Die dadurch entstandenen zwei Gewässer wurden bis Mitte der 1980er Jahre als Angelteiche genutzt.

Nach Abschluss der Abgrabung wurde das Gebiet unter dem Gesichtspunkt des Arten- und Biotopschutzes rekultiviert und dann an uns zurückgegeben.

Auf Antrag des DBV (heute NABU) und des BUND erfolgte 1988 die einstweilige Sicherstellung des Naturschutzgebietes durch die Bezirksregierung Köln für die Dauer von vier Jahren. Mit Rechtskraft des Landschaftsplans vom 13. Mai 1991 wurde die Kiesgrube Wahn dann dauerhaft als Naturschutzgebiet N14 festgesetzt.

Seit 1990 wird die Kiesgrube auf der Grundlage eines alten Biotop-Pflegeplans von ehrenamtlichen Akteuren betreut und gepflegt, zunächst von dem Verein "Brücke e. V.". Im Jahre 2003 wurde die Betreuung und Pflege an den NABU Köln abgetreten.

Trotz des Engagements der betreuenden Vereine konnte ein langsames Zuwachsen des wertvollen Offenlandes in der Grubensohle nicht verhindert werden. Nur noch kleine offene Flächen, insbesondere im direkten Umfeld der Gewässer, erinnerten an das frühere, großflächige Offenlandbiotop.

2010 wurden dann in Kooperation zwischen dem NABU und uns umfangreiche Rodungsmaßnahmen im Bereich der Kiesgrubensohle durchgeführt, um die ursprüngliche Artenvielfalt wiederherzustellen.

Gebietsbeschreibung

Östlicher Teich C Barbara Hußmann _stadt Köln © Barbara Hußmann, Stadt Köln

Das etwa 5,5 Hektar große Naturschutzgebiet "Kiesgrube Wahn" stellt sich als ehemalige Kiesgrube mit einer relativ offenen Grubensohle mit zwei Teichen und mehreren Tümpeln dar. Die Grubenränder sind überwiegend mit Gehölzen bestanden und schirmen das Gebiet nach außen hin ab. Nur die sonnenexponierte Nordost-Böschung ist gehölz- und vegetationsfrei. Sie dient als Refugium für Wildbienen.

Der Offenlandlebensraum der Grubensohle weist vielfältige Habitatstrukturen auf. Insbesondere handelt es sich um:

  • zwei größere Teiche mit einer Tiefe von maximal drei bis vier Metern,
  • einen kleineren Tümpel mit dichtem Rohrkolben-Bestand sowie weitere neu angelegte Tümpel,
  • sonnige und beschattete Uferbereiche,
  • wechselfeuchte und trockene Standorte mit schütterer, gräserdominierter Vegetation,
  • Inseln mit Gehölzbewuchs,
  • steile, sandige, vegetationsfreie Grubenwand auf trocken-warmem Standort,
  • Sand-/Kieshaufen mit spärlicher Ruderalflur,
  • Rohbodenstandorte.

Alle drei Gewässer sind gesetzlich geschützt. Der östliche Teich ist darüber hinaus ein Flora-Fauna-Habitat Typ und zeigt somit die höchste Bedeutung im Naturschutzgebiet mit 3.150 natürlichen eutrophen Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions. Die beiden anderen Gewässer sind in Nordrhein-Westfalen schutzwürdige und gefährdete Lebensraumtypen (NFD0, Stillgewässer).

Pflanzen und Tierwelt

Aufgrund der Vielfalt der dort vorkommenden Strukturen weist das Naturschutzgebiet eine hohe Artenzahl auf, insbesondere bei den Pflanzen, Vögeln und Libellen. 190 höhere Farn- und Blütenpflanzen konnten nachgewiesen werden. Von besonderer Bedeutung ist der Nachweis des Frühlings-Fingerkrauts, das in den Kiesgruben um Köln nur relativ selten auftritt. Darüber hinaus sind als weitere bedeutende Pflanzenarten die Rote Liste-Arten Buntes- sowie Hügel-Vergissmeinnicht, Echtes sowie Zierliches Tausendgüldenkraut, Raue Nelke, Trespen-Federschwingel und Zitzen-Sumpfbinse zu nennen.

Frühlings-fingerkraut C Horst Bertram _nabu Köln © Horst Bertram, NABU Köln

Frühlingsfingerkraut (Potentilla neumanniana)

Das Frühlingsfingerkraut zählt zu der Familie der Rosengewächse. Es blüht bereits im Frühjahr und fällt gerade in dieser Jahreszeit durch seinen Blütenteppich, bestehend aus zahlreichen bis zu 1,8 Zentimeter großen gelben Blüten, besonders auf

Zitzen-Sumpfbinse (Eleocharis mamillata subsp. mamillata)

Die Zitzen-Sumpfbinse, eine Rote Liste-Art und Besonderheit dieser Kiesgrube, wurde erst in 2017 am Ufer des östlichen Teiches neu entdeckt. Ihr Vorkommen beschränkt sich insbesondere auf die trocken gefallenen Uferflächen. Vermutlich konnte sie sich aufgrund der Trockenheit in diesem Jahr stark ausbreiten. Von weitem ist sie als lindgrüner Teppich leicht von anderen Pflanzen zu unterscheiden.

43 verschiedene Vogelarten wurden in 2013 kartiert. Von diesen 43 Vogelarten brüten 29 in dieser Kiesgrube. Zwölf Vogelarten stehen auf der Roten Liste oder werden als gefährdet eingestuft beziehungsweise in den Vorwarnlisten geführt. Dazu zählen Fitis, Gelbspötter, Gimpel, Goldammer, Klappergrasmücke, Nachtigall, Star und Teichralle. Der Eisvogel, Habicht, Sperber und Rauchschwalbe können in der ehemaligen Grube als Nahrungsgäste beobachtet werden.

Blauflügelige Ödlandschrecke

Die Blauflügelige Ödlandschrecke ist eine typische Art offener vegetationsarmer bis vegetationsloser, trocken-warmer Standorte. Durch die umfangreichen Entbuschungen der Grubensohle konnte sie in das Naturschutzgebiet einwandern und sich erfolgreich etablieren. Gerade sie profitiert von den Pflegemaßnahmen, insbesondere durch das an manchen Stellen erfolgte Abschieben der oberen Bodendecke. Uferschwalbe und Wechselkröte, die dort früher einmal vorgekommen sind, sind leider nicht mehr vorhanden.

Nachtigall

Die unscheinbar aussehende, sperlingsgroße Nachtigall brütet vor allem in Gebüschen im Übergangsbereich zwischen Wald und Offenland, aber auch in Feldgehölzen. Um diese Gebüschstrukturen zu erhalten, muss dort immer wieder pflegend eingegriffen werden. Ansonsten entwickeln sich die Gebüsche schnell zu Wald.

Aufgrund der hohen Insektendichte an den offenen Gewässern und des Vorhandenseins von Höhlenbäumen an den Rändern der Grube stellt das Gebiet ein wichtiges Jagdrevier sowie Sommer- und Zwischenquartier für Fledermäuse dar und besitzt trotz der Kleinräumigkeit einen hohen ökologischen Wert für diese Tiergruppe. Insgesamt konnten sieben Fledermausarten nachgewiesen werden, von denen drei Arten auf der Roten Liste stehen, und zwar Braunes und Graues Langohr, Fransenfledermaus, Große und Kleine Bartfledermaus, wobei alle Fledermausarten europaweit streng geschützt sind.

An weiteren bedeutsamen Tierartengruppen sind die 20 Libellen-, 12 Tagfalter- und sieben Heuschreckenarten zu nennen. Von den sieben  Heuschreckenarten ist die Blauflügelige Ödlandschrecke, eine Rote Liste-Art, besonders charakteristisch für offene Kiesgruben.

Konkrete Maßnahmen zum Erhalt des Lebensraumes

Das Naturschutzgebiet bedarf einer regelmäßigen Pflege, um die Vielfalt der Strukturen und die daran angewiesenen Tier- und Pflanzenarten zu erhalten.

Permanent drängen Gehölze von den Rändern her in den Offenbereich der Grubensohle hinein und versuchen dort Fuß zu fassen. Die durch Pflegemaßnahmen freigestellten Flächen müssen wegen des erneuten Austreibens der dort befindlichen Gehölze immer wieder neu bearbeitet werden.

Besonders die Robinie ist durch Stockausschlag, Wurzelbrut und Ausläuferbildung in der Lage, innerhalb kürzester Zeit neue Bestände aufzubauen. Strukturen, die vegetationsfrei beziehungsweise -arm bleiben sollen, müssen regelmäßig von Vegetation befreit beziehungsweise die oberste Bodenschicht in zeitlichen Abständen abgeschoben werden. Eine regelmäßige Betreuung und Pflege des Gebiets ist somit unumgänglich. Diese Arbeit wird seit 2003 durch den NABU Köln in Zusammenarbeit mit uns und der NABU-Naturschutzstation Leverkusen-Köln übernommen.  

Ein Pflege- und Entwicklungskonzept, das 2014 von der NABU-Naturschutzstation Leverkusen-Köln erarbeitet wurde, stellt die Grundlage dafür dar, welche Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen konkret umgesetzt werden sollen.

Die Maßnahmen werden wissenschaftlich begleitet. Es wird über ein Monitoring geprüft, ob das im Pflege- und Entwicklungskonzept festgesetzte Entwicklungsziel mit den vorgeschlagenen Maßnahmen erreicht wird. Ziele sind die dauerhafte Offenhaltung und Optimierung der ehemaligen Kiesgrube unter Berücksichtigung der aktuellen Vorkommen der Rote Liste-Arten. Gegebenenfalls müssen die Maßnahmen angepasst werden.

Bitte beachten Sie bei Ihrem Besuch

Aufgrund seiner Kleinräumigkeit ist das Gebiet nicht für Erholungssuchende zugänglich. Die geringe Flächengröße des Naturschutzgebietes und die Störungsempfindlichkeit der dort vorkommenden Tierarten erfordern die absolute Ruhigstellung des Gebietes.

Zum Schutz des Gebietes und der darin lebenden Tier- und Pflanzenwelt gilt daher ein absolutes Betretungsverbot.

Indem Sie sich an diese Bestimmung halten, unterstützen Sie den Erhalt eines naturschutzfachlich bedeutsamen Lebensraumes für seltene Tier- und Pflanzenarten.

Womöglich fallen Ihnen Feuerstellen, Personen im Gelände oder zerstörte Zäune auf. Dieses ist nicht erlaubt und sollte nicht zum Nachahmen animieren.