Lage und Geschichte der ehemaligen Kiesabgrabung "Am Vogelacker"

Das Gebiet liegt südlich von Immendorf an der Meschenicher Straße an der südlichen Stadtgrenze von Köln. Es wurde im Jahr 1991 als Naturschutzgebiet unter Schutz gestellt.  

Der 6,26 Hektar große Bereich ist umgeben von landwirtschaftlichen und großindustriell geprägten Flächen, der Chemiewerke Basell Polyolefine GmbH und der Shell Deutschland Oil GmbH. Er ist zu einem wichtigen Ersatzlebensraum von vielen Tier- und Pflanzenarten geworden, die einst in unverbauten, natürlichen Flussauen vorkamen.  

Das Gebiet liegt im Eigentum der Basell Polyolefine GmbH. Heute wird das Gebiet von der NABU-Naturschutzstation Leverkusen-Köln e. V. in Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde betreut. Pflegearbeiten finden in der Regel jährlich statt und werden von uns finanziert. Sie dienen dem Erhalt und der Optimierung der offenen Wasserflächen und Offenlandstandorte.

Gebietsbeschreibung

Das Naturschutzgebiet "Am Vogelacker" wird charakterisiert durch unterschiedliche Lebensbedingungen auf sehr kleinem Raum.  

Zwei flache, grundwassergespeiste Gewässer mit kiesigem Untergrund bilden den Kern der Sohle. Der nordwestliche See ist mit flächigen Rohrkolben-Röhrichten bestanden. Auch am südöstlich gelegenen kleinen Gewässer nehmen die Röhrichte kleine Uferbereiche ein.

Der übrige Sohlenbereich wird von ruderalen Grasfluren bewachsen, auf denen das Land-Reitgras stark dominiert. Auch haben sich in starkem Maße Pionierarten wie Hänge-Birke (Betula pendula), Roter Hartriegel (Cornus sanguinea) und Sanddorn (Hippophae rhamnoides) eingestellt, die immer wieder durch Pflegemaßnahmen zurückgedrängt werden müssen um seltene Offenlandarten zu fördern. Teilflächig finden sich ehemalige Fahrschneisen sowie einzelne offene Kiesflächen.

Am Vogelacker 3 © Cora Pick, Stadt Köln

Die Böschungen im Norden der Fläche, einem Lößsteilhang, werden von Krautfluren eingenommen, auf denen das Schmalblättrige Greiskraut (Senecio inaequidens) vorkommt. An der oberen Kante der Böschungen befinden sich Steilwände, die ehemals als Brutbiotop für Uferschwalben gedient haben. Uferschwalben graben ihre Bruthöhlen in Steilwände, da sie hier relativ sicher vor Nesträubern sein können. Da Uferschwalben jedoch frische Hangkanten bevorzugen, wie sie beim Aufreißen im Zuge von Abbauarbeiten entstehen, kommen hier Uferschwalben nicht mehr vor. Die gesamte Fläche ist umzäunt und mittlerweile durch dichten Bewuchs wenig einsehbar, so dass sie im Gegensatz zu anderen Schutzgebieten wenig betreten wird.

Tier- und Pflanzenwelt

Die Bedeutung aufgelassener Kiesgruben für unsere einheimische Tier- und Pflanzenwelt liegt in dem Mosaik verschiedenartiger Kleinlebensräume. Kiesgruben bieten gerade den Tier- und Pflanzenarten, die auf offene, kiesig-sandige Bereiche in Kombination mit Wasserflächen angewiesen sind, einen Rückzugsraum. Steilwände und Abbruchkanten bieten darüber hinaus einigen "Spezialisten" der Tierwelt geeigneten Lebensraum.  

Während am Anfang der Unterschutzstellung des NSG "Am Vogelacker" sogenannten "Pionierarten", wie Sumpf-Kratzdistel (Cirsium palustre), Hänge-Birke (Betula pendula), Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens), der Dünen-Sandlaufkäfer (Cicindela hybrida) und diverse Wildbienenarten, überwogen, sind aufgrund der fortschreitenden Sukzessionsentwicklung andere Arten dominant geworden. Will man den Lebensraum für die typischen "Kiesgrubenarten", die auf offene, gehölzfreie Flächen angewiesen sind, erhalten, muss man das Aufkommen von Gehölzen durch zum Beispiel mechanische Eingriffe und Beweidung unterbinden.  

Nach wie vor ist das Schutzgebiet Laichplatz gefährdeter Amphibienarten wie der Wechselkröte (Bufotes viridis) und der Kreuzkröte (Bufo calamita) und ein wichtiger Rückzugsraum in Verbindung mit der westlich angrenzenden, noch bewirtschafteten Kiesgrube der Firma Horst und dem NSG "Kiesgruben Meschenich". In den ehemaligen Fahrschneisen wachsen vereinzelt Binsen sowie die Rote Liste-Arten Kleines Tausendgüldenkraut (Centaurium pulchellum) und Spießblättriges Tännelkraut (Kickxia elatine). Im Folgenden werden das Spießblättrige Tännelkraut und die Wechselkröte exemplarisch vorgestellt:

Spießblättriges Tönnelkraut © Walter Halfenberg, NABU-Naturschutzstation Leverkusen-Köln

Spießblättriges Tännelkraut (Kickxia elatine)

Das Spießblättrige Tännelkraut, auch "Echtes Tännelkraut" genannt, ist eine sehr kleine und unscheinbare krautige Pflanze und ist daher schnell zu übersehen, wenn man nicht den geübten Blick dafür hat: Es erreicht eine Wuchshöhe von lediglich 3 bis 10 Zentimeter. Die einjährige Pflanze ist wärmeliebend, sie wächst kriechend am Boden und verzweigt sich vielfach. Eher selten richten sich auch Triebe der Pflanze auf.  

Das Spießblättrige Tännelkraut blüht hauptsächlich in den Monaten von Juli bis September. Seine Blüte ist eine sogenannte "Lippenblüte", da die Blütenkrone an eine Ober- und Unterlippe erinnert. Die Oberlippe ist beim Spießblättrigen Tännelkraut auffallend dunkelviolett, die Unterlippe gelb. Durch seine Lippenblüte wirkt das Tännelkraut wie eine Zwergform des Löwenmäulchens.  

Die Intensivierung der Landwirtschaft führte zu einem starken Rückgang der Art. Sie hatte früher in NRW ihren Schwerpunkt in Kalkäckern, wächst heute aber eher häufiger außerhalb von Äckern, wie zum Beispiel auf Industrie-, Hafen- und Bahngelände, Baustellen, Friedhöfen, an offenen Flussufern oder in Kies- und Sandgruben. Auf der Roten Liste NRW wird sie unter "gefährdet" geführt.

Bufotes Viridis Male - C Morris Flecks _2_ © Morris Flecks

Wechselkröte (Bufotes viridis)

Die Wechselkröte wird auch "Grüne Kröte" genannt, da sie meist übersät ist mit dunkelgrünen Flecken, die wie kleine Inseln die Kröte zieren. Sie ist daher an ihrer Färbung leicht zu erkennen. Die Grundfarbe der Kröte ist hellgrau bis bräunlich. Schon bei der Kaulquappe ist ein fleckiges, aber noch undeutliches Muster erkennbar. Ihren Namen erhielt die Wechselkröte, weil sie dazu fähig ist ihre Färbung der Umgebung anzupassen. 

Männchen und Weibchen der Wechselkröte unterscheiden sich unter anderem in der Größe: Die Männchen sind mit ihren höchstens 8 Zentimeter minimal kleiner als die Weibchen, die bis zu 9 Zentimeter groß werden. Sie besitzen zudem eine Schallblase an der Kehle.

Die Wechselkröte bevorzugt offenes, vegetationsarmes Gelände und sandige, grabfähige Böden. Sie ist demnach eine Pionierart, die neue, noch vegetationsarme Gebiete als erstes besiedelt.

Zur Paarungszeit von Ende April bis Juni/Juli erzeugen die Männchen trillernde Rufe, die leicht mit dem Zirpen der Maulwurfsgrille (Gryllotalpa gryllotalpa) zu verwechseln sind. Die Weibchen legen ihre Eier in langen Schnüren im Gewässer ab, oft am Gewässerboden. Nach der Metamorphose kriechen die jungen Kröten circa im Juli an Land.  

In Nordrhein-Westfalen kommt die Wechselkröte nur im linksrheinischen Teil der Kölner Bucht vor. Sie gilt hier als stark gefährdet. Es wurden über 60 Vorkommen in NRW erfasst.

Maßnahmen

Um den vielfältigen Lebensraum und die artenreiche Tier- und Pflanzenwelt in der Kiesgrube zu erhalten sind regelmäßige Pflegearbeiten erforderlich. Für das Naturschutzgebiet wurde bereits 1986/87 ein Pflege- und Entwicklungskonzept erarbeitet, in welchem Maßnahmen in Form von Pflegearbeiten vorgesehen waren, da ansonsten das Gebiet verbuschen und die entstandene Artenvielfalt verschwinden würde. Im "NSG Vogelacker" sind gerade der aufkommende Sanddorn und der Rote Hartriegel ein großes Problem. In die Wasserbereiche dringt jedoch auch das Röhricht zu weit ein und würde alsbald die Wasserflächen vollständig bedecken.  

Somit gehört sowohl das Freischneiden der Offenlandbereiche als auch das Zurückdrängen der Röhrichtflächen für die Offenhaltung von Wasserflächen zu wichtigen naturschutzfachlichen Pflegearbeiten um die Wertigkeit des Gebietes zu erhalten.

Das müssen Erholungssuchende beachten:

Naturschutzgebiete sind Bereiche von herausragender Bedeutung für wildlebende Tier- und Pflanzenarten. Hier sollen nicht zu ersetzende Lebensgemeinschaften bestmöglich gefördert und vor negativen Einflüssen geschützt werden.  

Daher ist das Betreten des Naturschutzgebietes "Am Vogelacker" verboten, da die Kleinräumigkeit der Fläche eine absolute Ruhigstellung erfordert. Davon ausgenommen ist lediglich die Ausübung der ordnungsgemäßen Jagd durch einen von der Stadt bestimmten Jagdpächter außerhalb der gesetzlich vorgegebenen Schonzeiten.  

Bitte respektieren Sie dieses strikte Betretungsverbot, da nur hierdurch die Lebensgemeinschaften umfassend vor Störungen bewahrt werden können. Gerade besonders seltene Arten können aufgrund ihrer sehr spezifischen Lebensraumansprüche in der Regel nicht in die umgebende Landschaft ausweichen.