Standortentwicklung durch private Initiativen
Eine Immobilien- und Standortgemeinschaft, kurz ISG genannt, ist im Sinne des Gesetzes über Immobilien und Standortgemeinschaften, ISGG NRW, ein räumlich begrenzter, innerstädtischer Bereich, in dem sich Grundeigentümer*innen, Erbbauberechtigte und Gewerbetreibende mit dem Ziel zusammenschließen, ihr unmittelbares geschäftliches Umfeld zu verbessern. Die Idee der Immobilien- und Standortgemeinschaft stammt aus Nordamerika. Dort wurden sie in Form sogenannter Business Improvement Districts, BID, entwickelt. Immobilien- und Standortgemeinschaft- beziehungsweise Business Improvement Districts-Gesetze gibt es vielen deutschen Bundesländern.
In Gebieten von Immobilien- und Standortgemeinschaften gibt es ein mit der Stadt abgestimmtes und vom Rat beschlossenes Maßnahmenkonzept. Dieses wird in privater Verantwortung und in Ergänzung zu den Aufgaben der Gemeinde umgesetzt. Zur Finanzierung der Maßnahmen kann die Gemeinde aufgrund einer Satzung eine Abgabe erheben, die nach Abzug einer Verwaltungspauschale an die Immobilien- und Standortgemeinschaft zur Finanzierung der Maßnahmen weitergeleitet wird. Hierdurch hat die Immobilien- und Standortgemeinschaft Finanz- und Planungssicherheit für den Zeitraum der Satzung und kann Maßnahmen umsetzen, die mit den städtebaulichen Zielen der Gemeinde übereinstimmen und der Stärkung und Entwicklung des jeweiligen Standorts dienen.
In Nordrhein-Westfalen ist das Gesetz über Immobilien- und Standortgemeinschaften, kurz ISGG NRW, ausschlaggebend.
Für die individuelle Gebietskulisse wird auf dieser Basis eine Satzung erlassen. Zur Umsetzung und Klärung der Rechte und Pflichten wird zwischen Stadt und Maßnahmenträger, Verein, ein öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen, der an das Bestehen der Satzung gekoppelt ist.

Die erste Satzung für eine gesetzliche Immobilien- und Standortgemeinschaft in Köln wurde am 28. September 2017 vom Rat erlassen und ist nach Veröffentlichung im Amtsblatt vom 8. November 2017, Amtsblatt Nummer 47, rechtsverbindlich geworden.
Den Antrag auf Satzungserlass hatte der Verein Immobilien- und Standortgemeinschaft Severinstraße e. V. auf Basis des Gesetzes über Immobilien- und Standortgemeinschaften, ISGG NRW, im November 2016 gestellt. Es handelt sich hierbei um die erste gesetzliche Immobilien- und Standortgemeinschaft auf Kölner Stadtgebiet, die nach erfolgreichem Quorum der Eigentümer*innen ihre Arbeit aufnehmen konnte.
Antragsgemäß ist diese Satzung nach drei Jahren, am 7. November 2020, außer Kraft getreten.
Konzept
Der Verein Immobilien- und Standortgemeinschaft Severinstraße e. V. hat sich zum Ziel gesetzt, sich aktiv an der Quartiersentwicklung in der südlichen Innenstadt zu beteiligen. In Zusammenarbeit von Immobilieneigentümer*innen, Erbbauberechtigten und Gewerbetreibenden wurde ein Maßnahmen- und Finanzierungskonzept erarbeitet.
In diesem Konzept wurden unter den Geschäftsfeldern "Veedelsentwicklung" und "Veedelsmarketing" sowohl allgemeine Kriterien für eine Projektentwicklung festgelegt als auch bereits Schlüsselprojekte entwickelt, deren Umsetzung im Satzungszeitraum vorgesehen war. Für die Maßnahmenumsetzung, Organisation und Verwaltung der Immobilien- und Standortgemeinschaft wurden Gesamtkosten in Höhe von 298.900 Euro kalkuliert.
Schlussabrechnung der Immobilien- und Standortgemeinschaft Severinstraße, Stand Januar 2022
Antragsgemäß ist die Satzung für die Immobilien- und Standortgemeinschaft Severinstraße am 7. November 2020 ausgelaufen. Der Verein hat der Stadt Köln die Einnahmen und getätigten Ausgaben entsprechend den Vorgaben aus dem öffentlich-rechtlichen Vertrag nachgewiesen.
Maßnahmen | Kalkulierte Mittel laut Ratsbeschluss in Euro | vorläufig anerkannte Ausgaben in Euro | vorläufig anerkannte Ausgaben in Euro | vorläufig anerkannte Ausgaben in Euro | vorläufig anerkannte in Euro |
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Veedels-entwicklung | 92.300 | 3.587,92 | 84.009,76 | 40.231,60 | 127.829,28 |
Veedels- veranstaltungen | 42.000 | 0,00 | 3.714,09 | 12.434,88 | 16.148,97 |
Marketing | 56.000 | 17.050,72 | 23.704,07 | 38.580,73 | 79.335,52 |
Abrechnung | 190.300 | 20.638,64 | 111.427,92 | 91.247,21 | 223.313,77 |
Organisation | Kalkulierte Mittel laut Ratsbeschluss in Euro | vorläufig anerkannte Ausgaben in Euro | vorläufig anerkannte Ausgaben in Euro | vorläufig anerkannte Ausgaben in Euro | vorläufig anerkannte in Euro |
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Allgemeine ISG Organisation (Sachkosten) | 4.500 | 492,98 | 2.718,70 | 934,01 | 4.145,69 |
Anteilige Kosten für Geschäftsstelle (Miete) | 18.000 | 2.963,32 | 2.544,52 | 3.230,32 | 8.738,16 |
Prozesskontrolle, Steuerberatung, Rechtsberatung, Versicherungen | 9.000 | 858,81 | 1.847,99 | 5.069,77 | 7.776,57 |
Abrechnung | 31.500 | 4.315,11 | 7.111,21 | 9.234,10 | 20.660,42 |
Personalkosten | Kalkulierte Mittel laut Ratsbeschluss in Euro | vorläufig anerkannte Ausgaben 2018 in Euro | vorläufig anerkannte in Euro | vorläufig anerkannte Ausgaben in Euro | vorläufig anerkannte in Euro |
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Personal Umsetzung Maßnahmen | 45.000 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Personal allgemeine ISG Organisation | 15.000 | 1.740 | 3.480 | 16.822,76 | 22.042,76 |
Abrechnung | 60.000 | 1.740 | 3.480 | 16.822,76 | 22.042,76 |
Reserve | Kalkulierte Mittel laut Ratsbeschluss in Euro | vorläufig anerkannte Ausgaben in Euro | vorläufig anerkannte in Euro | vorläufig anerkannte Ausgaben in Euro | vorläufig anerkannte in Euro |
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3 Prozent der Kosten für Maßnahmen, Organisation und Personal | 8.400 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Abrechnung | 8.400 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
sonstige Einnahmen | Kalkulierte Mittel laut Ratsbeschluss in Euro | vorläufig anerkannte Ausgaben in Euro | vorläufig anerkannte in Euro | vorläufig anerkannte Ausgaben in Euro | vorläufig anerkannte in Euro |
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sonstige | 0,00 | 1.000 | 1.060 | 1.542 | 3.602 |
Abrechnung | 0,00 | 1.000 | 1.060 | 1.542 | 3.602 |
insgesamt | 290.200 | 25.693,75 | 120.959,13 | 115.762,07 | 262.414,95 |
Die zur Umsetzung der Immobilien- und Standortgemeinschaft-Maßnahmen vereinnahmten Immobilien- und Standortgemeinschaft-Abgaben wurden nicht in voller Höhe beansprucht. Aus diesem Grund ergibt sich eine Rückzahlung an die Abgabepflichtigen gemäß Paragraph 11 Immobilien- und Standortgemeinschaft Satzung. Die Abgabepflichtigen wurden in einem gesonderten Schreiben hierüber informiert.
Die Erstattung erfolgte vorbehaltlich der noch ausstehenden Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, OVG, zur Rechtmäßigkeit der Abgabensatzung vom 8. November 2017. Das OVG hat die Berufung zugelassen, eine Entscheidung im Berufungsverfahren steht noch aus. Wir werden die Abgabepflichtigen über die sich hieraus gegebenenfalls ergebenden Rechtsfolgen unterrichten. Die Bezirksregierung Köln hat das Verfahren zur Immobilien- und Standortgemeinschaft Severinstraße zwischenzeitlich überprüft und nicht beanstandet. Vor diesem Hintergrund ergeben sich derzeit keine Änderungen zur Höhe des Erstattungsbetrages. Den Abgabepflichtigen, die Widerspruch gegen den vorläufigen Erstattungsbescheid erhoben haben, steht nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens der verwaltungsgerichtliche Rechtsweg offen.
Abschließende Information zur ISG Severinstraße
Die Stadt Köln hat die Erstattung nicht verausgabter Mittel mit Blick auf das OVG-Verfahren unter Vorbehalt vorgenommen.
Das Verfahren, in dessen Verlauf lediglich formale Mängel im Satzungsverfahren gerügt wurden, wurde mit Beschluss vom 12. Mai 2023 eingestellt.
Die Ausführungen des Gerichtes haben die Stadt Köln dennoch dazu bewegt, die insgesamt zwei beklagten Abgabenbescheide aufzuheben. Jedoch sind die nicht beklagten Abgaben- und Erstattungsbescheide weiterhin bestandskräftig und behalten ihre Gültigkeit.
Wir weisen außerdem daraufhin, dass mit Einstellung des OVG-Verfahrens auch das dem Berufungsverfahren vorangehende Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. Mai 2021 für unwirksam erklärt wurde.
Maßnahmenträger Immobilien- und Standortgemeinschaft Severinstraße e. V.
Die im Antrag beschriebenen und gemeinsam mit der Satzung beschlossenen Maßnahmen der Immobilien- und Standortgemeinschaft Severinstraße wurden durch einen ehrenamtlichen Verein umgesetzt.
Informationen über den Verein, die handelnden Personen und Maßnahmen hat der Verein Immobilien- und Standortgemeinschaft Severinstraße e. V. auf seiner Website veröffentlicht.
Der Verein ist unabhängig von der befristeten Laufzeit der Satzung ehrenamtlich weiterhin aktiv um die Entwicklung des Veedels bemüht. Er finanziert seine Aktivitäten über Spenden und Mitgliedsbeiträge.
Weitere Informationen zur Immobilien- und Standortgemeinschaft Severinstraße
Immobilien- und Standortgemeinschaft Kalker Hauptstraße
Der erste Antrag auf Erlass einer Satzung nach dem Gesetz über Immobilien- und Standortgemeinschaften, ISGG NRW, wurde im Jahr 2012 von der "Immobiliengemeinschaft Kalker Hauptstraße Unternehmergesellschaft, haftungsbeschränkt" für einen Bereich des Bezirkszentrums Kalker Hauptstraße gestellt. Das Satzungsverfahrens wurde nach dem Ratsbeschluss vom 30. April 2013 eingeleitet. Die Initiative scheiterte allerdings am nach dem Gesetz über Immobilien- und Standortgemeinschaften, ISGG NRW, durchzuführenden Quorum bei den Eigentümer*innen und Erbbauberechtigten. Es haben 24,79 Prozent der Widerspruchsberechtigte*n und Widerspruchsberechtigte von 27,74 Prozent der im Satzungsgebiet gelegenen Grundstücksflächen widersprochen. Die Initiative zur Gründung der gesetzlichen Immobilien- und Standortgemeinschaften Kalker Hauptstraße ist somit an der damals im Gesetz über Immobilien- und Standortgemeinschaften festgelegten 25 Prozent-Hürde gescheitert. Entsprechend Paragraph 3 Absatz 3, Gesetz über Immobilien- und Standortgemeinschaften, ISGG NRW, durfte die geplante Satzung demnach nicht erlassen werden.
Im aktuell, seit 17. Juni 2014, gültigen Gesetz über Immobilien- und Standortgemeinschaften, ISGG NRW wurde die erlaubte Widerspruchsquote auf ein Drittel der Widerspruchsberechtigten oder die Widerspruchsberechtigten von mehr als einem Drittel der im Satzungsgebiet gelegenen Grundstücksflächen angehoben.
Weitere Informationen
Bisher gibt es in der Stadt Köln keine weiteren gesetzlichen Immobilien-und Standortgemeinschaften und der Verwaltung liegt kein weiterer Antrag auf Satzungserlass vor. Wir unterstützen und beraten interessierte Grundeigentümer*innen, Erbbauberechtigte und sonstige Immobilien-und Standortgemeinschaft-Initiativen auf dem Weg zu einer gesetzlichen Immobilien- und Standortgemeinschaft.