Pressemitteilung des Integrationsrates Köln
Der Vorsitzende des Integrationsrates Köln Herr Tayfun Keltek begrüßt das Urteil im NSU-Prozess gegen Beate Zschäpe und die weiteren Mitangeklagten.
Gleichzeitig äußert er aber auch seine Unzufriedenheit darüber, dass viele Fragen, insbesondere nach einem möglichen Unterstützernetzwerk nicht beantwortet wurden, denn weiterhin ist unklar warum zum Beispiel der Lebensmittelladen in der Probsteigasse ausgewählt und wer Böhnhardt und Mundlos über die Keupstraße informiert habe, so dass sie dort anschließend die Bombe platzieren und explodieren lassen konnten.
Herr Keltek beklagt, dass das seinerzeit von Frau Bundeskanzlerin Merkel gemachte Versprechen einer lückenlosen Aufklärung unter Mitwirkung aller Behörden nicht erfolgt ist und immer noch die Rolle der V-Männer, die Gründe für das Schreddern von Akten et cetera nicht aufgeklärt sind. Diese Nicht-Aufklärung, sowie die vielen zutage getretenen Pannen bei den Ermittlungen verunsichere die migrantische Community zutiefst und gebe Raum für Spekulationen und schlimmste Befürchtungen.
Viel Glaubwürdigkeit der gesellschaftlichen Institutionen zerstört
Herr Keltek erinnert an die sogenannte "2. Bombe" in der Keupstraße und die jahrelangen Verdächtigungen durch Polizei und Öffentlichkeit, welche die Täter trotz gegenteiliger Hinweise immer wieder im türkischen Milieu suchten. Dies sei für die Opfer und ihre Angehörigen zutiefst entwürdigend und kaum erträglich gewesen. Hier sei in der Community viel Glaubwürdigkeit an die gesellschaftlichen Institutionen zerstört worden. Gerade aber das Grundvertrauen in das Funktionieren und die Objektivität von staatlichen Institutionen wie Behörden und Gerichten ist für Migrant*innen und ihre Identifikation mit dieser Gesellschaft von genauso großer Wichtigkeit, wie für die Bürger*innen der Mehrheitsgesellschaft.
Tayfun Keltek:
Es müssen künftig weiterhin dringend geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um Rassismus in Institutionen und Behörden zu bekämpfen, damit so etwas nie mehr passieren kann. Maßnahmen können entsprechende Schulungen in interkultureller Kompetenz, sowie die Einstellungen von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in den Behörden, Zeitungen et cetera sein. Erst wenn sich auch hier die Zusammensetzung der Gesellschaft widerspiegelt, kann Rassismus und Ausgrenzung wirksam begegnet werden.
Gleichzeitig erinnert Herr Keltek an den berechtigten Wunsch der Opfer in der Keupstraße nach Realisierung des Denkmalentwurfes zum NSU-Anschlag in der Nähe des Anschlagsortes. Er ermutigt Frau Oberbürgermeisterin Reker und den Rat der Stadt Köln sich für eine baldige Realisierung einzusetzen.
Tayfun Keltek:
Dies ist eine Nagelprobe dafür, wie ernst es der Stadt Köln mit einer Aufarbeitung des Nagelbombenanschlages und der anschließenden jahrelangen rassistischen Verdächtigungen der Bewohnerinnen und Bewohner der Keupstraße ist. Das geplante Denkmal ist ein geeigneter Ort um miteinander ins Gespräch zu kommen, Vorurteile abzubauen und Gemeinsamkeiten zu entdecken. Dies ist ein guter Beitrag für ein friedliches Zusammenleben in unserer gemeinsamen Stadt.